Page 24 - Natur in NRW
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Fachbeiträge
Abb. 1: Die Ergebnisse einer Tagfaltererfassung auf temporären Schonstreifen im Grünland zeigen deren Bedeutung für diese Artengruppe auf. Foto: J. Zenner
Jennifer Piechowiak, Kristin Gilhaus, Rainer Buchwald
Bedeutung temporärer
Grünland-Schonstreifen für Tagfalter
Ergebnisse einer Feldstudie im Extensiv- und Intensivgrünland am Unteren Niederrhein
Durch den Verlust geeigneter Habitate sind in Nordrhein-Westfalen viele Falterarten gefährdet und auch ungefährdete Arten nehmen vielfach in ihren Beständen ab. Im Rahmen einer Masterarbeit der Univer- sität Oldenburg wurde in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzzentrum im Kreis Kleve e. V. und dem LANUV die Bedeutung von Schonstreifen im Extensiv- und Intensivgrünland für Tagfalter und Widderchen am Unteren Niederrhein untersucht. Schonstreifen und gemähte Flächen wurden unter Berücksichtigung von Blühangebot, Pflanzenartenzahl und Größe der Schonstreifen miteinander verglichen.
Der Landnutzungswandel und die Inten- sivierung der Landwirtschaft haben zu alarmierenden Rückgängen der Insekten in naturnahen Lebensräumen geführt. Tra- ditionell bewirtschaftetes Grünland zählt zu den artenreichsten Ökosystemen Euro- pas. Vermehrter Düngemitteleinsatz, Me- chanisierung und erhöhte Mahdfrequen- zen führen jedoch zu einer erheblichen Minderung der Habitatqualität. Eine zu- nehmende Homogenisierung der Land- schaft ist die Folge.
Tagfalter als Indikatoren
Um Veränderungen von Lebensgemein- schaften und den Zustand der Biodiver- sität in Graslandökosystemen abzubil-
den, eignen sich Tagfalter besonders gut als Indikatoren (Fartmann & Hermann 2006). Sie haben teilweise sehr spezifi- sche Lebensraumansprüche sowie hohe Reproduktionsraten, sodass sie schnell auf Veränderungen ihres Lebensraumes reagieren. Zudem sind die meisten Ar- ten Mitteleuropas leicht zu identifizieren. Tagfalter leisten eine Vielzahl an Ökosys- temdienstleistungen, da sie etwa wichtige Bestäuber und Nahrungsgrundlage für viele Arten sind.
Die Intensivierung der Landwirtschaft wird auch für Tagfaltergemeinschaften als die wichtigste Gefährdung angese- hen. Individuen- und Artenzahlen gehen drastisch zurück (Sala et al. 2000). So zeigen Daten aus 22 europäischen Län- dern zu 17 charakteristischen Grünland-
arten eine Abnahme von 39 Prozent der Individuenzahlen seit 1990 (Van Swaay et al. 2019). Hohe Mahdfrequenzen so- wie Düngung und der Einsatz von Pflan- zenschutzmitteln führen zu einer erhöhten Sterblichkeit von Tagfaltern (Kurze et al. 2018) und zum Verlust von Nektar- und Larvalpflanzen. Neben dem Verzicht auf Pflanzenschutz- und Düngemittel gelten daher vor allem Anpassungen des Mahd- regimes als effektive Maßnahmen zum Schutz von Tagfaltern und anderen Insek- ten. Zum einen kann eine Anpassung der Mahdfrequenz die Pflanzenartenvielfalt fördern. Zum anderen können Rückzugs-, Nahrungs- und Larvalhabitate erhalten bleiben, indem auf Teilbereichen zeit- weise auf eine Mahd verzichtet wird.
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Natur in NRW 2/2021

