Page 24 - Natur in NRW
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Fachbeiträge
Projektziel und Maßnahmen
Ziel des LIFE-Projektes ist die Förderung und Wiederherstellung von hoch- wüchsigen Röhrichten, insbesondere der Rohrkolben-Röhrichte als Bestandteil
des FFH-Lebensraumtyps 3150 „Natürli- che eutrophe Seen und Altarme“ und als wichtiger Lebensraum für viele seltene Pflanzenarten, Röhricht- und Wasser- vögel sowie weitere an Röhricht gebun- dene Tierarten. Bis zum Projektende soll eine Vergrößerung der hochwüchsigen Röhrichtflächen um zwölf Hektar erreicht werden.
Hierzu werden vier Maßnahmenkomplexe umgesetzt:
❱ Kontrolle der Nutria: Systematische Beseitigung der Nutria im Projektge- biet, um überhaupt eine Wiederher- stellung insbesondere der Rohrkolben- Röhrichte zu ermöglichen.
❱ Fraßgeschützte Initialpflanzungen: An- lage von rund 1,5 Hektar umzäunter Anpflanzungen mit verschiedenen au- tochthonen Röhrichtarten, um hier Ini- tialen für eine weitere Ausbreitung zu etablieren.
❱ Dynamisierung der Wasserstände: Steuerung des Wasserstandes des Bie- nener Altrheines im Hinblick auf eine optimale Röhrichtentwicklung und Förderung der natürlichen Keimungs- bedingungen für Röhrichtsamen bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Schutzzieles der Fischfauna. Der Was- serstand des Altrheines lässt sich über eine Schleuse steuern.
❱ Rodungsmaßnahmen: Rodung von drei Hektar Weidengebüsch auf ehemaligen Röhrichtstandorten.
Im Folgenden werden die Maßnahmen „Kontrolle der Nutria“ und „Fraßge- schützte Initialpflanzungen“ näher erläu- tert und erste Entwicklungen aufgezeigt.
Kontrolle der Nutria
Obwohl seit fast 100 Jahren zunächst nur vereinzelt frei lebende Nutrias in Deutsch- land angetroffen wurden, etablierten sie sich erst zu Beginn der 1960er-Jahre
an mehreren Stellen. Mit Aufgabe der Nutriafarmen in Deutschland seit den 1990er-Jahren nahmen die Freilandpopu- lationen stark zu (Scheide 2013). Am Nie-
Abb. 4: Nutriafalle in einem natürlich aufgewachsenen Röhricht des Breitblättrigen Rohrkolbens. Foto: K. Niehues
derrhein, speziell am Bienener Altrhein, wurde ab den 2000er-Jahren eine deutli- che Zunahme beobachtet.
Nutrias können pro Jahr bis zu drei Würfe mit je fünf Jungen haben. Zudem sind Nutrias bereits mit fünf bis sechs Mona- ten geschlechtsreif, sodass sie in kurzer Zeit hohe Populationsdichten aufbauen können.
Die Nutria ist eine gebietsfremde Art, die nach der EU-Verordnung 1143/2014 „Prä- vention und Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten“ aufgrund ihrer negativen Auswir- kungen als invasiv eingestuft wird. Nach dieser dreistufigen Verordnung sollen
1. die Einbringung von invasiven Arten verhindert werden (Prävention),
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2. mithilfe eines Frühwarnsystems
eine Ausbreitung verhindert werden (Frühwarnung und schnelle Reak- tion / Tilgung) und
3. Managementpläne für etablierte Arten erstellt und umgesetzt werden (lokale Kontrolle und Eindämmung).
Für das Projektgebiet wurde im Rah- men der Antragstellung ein solcher Ma- nagementplan erstellt und wird im lau- fenden LIFE-Projekt bereits erfolgreich umgesetzt.
Die Nutria ist in NRW keine jagdbare Art. Der Abschuss ist den Jagdausübungsbe- rechtigten im Rahmen der ordnungsge- mäßen Jagdausübung jedoch erlaubt und auch amtlich zugelassene Bisam- und Nu- triafänger dürfen die Tiere fangen und tö-
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Natur in NRW 1/2021
Abb. 5: Monatssummen der im Rahmen des LIFE-Projektes gefangenen Nutrias.
Jan 19 Feb 19 Mär 19 Apr 19 Mai 19 Jun 19
Jul 19 Aug 19 Sep 19 Okt 19 Nov 19 Dez 19 Jan 20 Feb 20 Mär 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20
Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20
Anzahl gefangener Nutrias