Page 25 - Natur in NRW
P. 25
ART
BEREITSTELLUNG DES AUTOCHTHONEN AUSGANGS- MATERIALS ALS
STÜCKZAHL GESAMT PLANUNG
PFLANZPLAN / BEREIT- STELLUNGSJAHR DES PFLANZGUTES
STÜCKZAHL GESAMT REAL GEPFLANZT
DEUTSCHER NAME
LATEINISCHER NAME
2018
2019
2020
2021
Typha angustifolia
Samen
7.000
120
1.900
1.896
3.042
Typha latifolia
Samen
1.500
250
456
120
Glyceria maxima
Samen
1.500
528
264
600
Phragmites australis
Samen
1.500
552
600
720
Carex gracilis
Samen/ggf. Triebe
500
300
432
240
Carex riparia
Samen/ggf. Triebe
500
480
12.500
120
3.530
3.648
5.202
Schmalblättriger Rohrkolben Breitblättriger Rohrkolben Wasserschwaden
Schilf
Schlank-Segge Ufer-Segge Summe
6.958 826 1.392 1.872 972 480 12.500
Tab. 1: Pflanzplan und bisher gepflanzte Röhrichtarten mit Stückzahlen (orange hinterlegt: bereits gepflanzt; gelb: geplante Pflanzung). Die Stück- zahlen beziehen sich auf aus Samen oder Trieben vorgezogene Setzlinge mit einem Topfdurchmesser von neun Zentimetern.
ten. Bei Ablieferung des Schwanzes er- halten sie dafür eine Prämie. Dieses Sys- tem reichte aber bisher nicht aus, um die stark wachsenden Bestände der Nutria wirksam zu reduzieren, weil es eher zu ei- ner nachhaltigen Bewirtschaftung führt als zu einer effektiven Reduzierung der Population.
Im LIFE-Projekt erfolgt die Kontrolle und Beseitigung der Nutria mithilfe spe- zieller tierschutzgerechter Lebendfallen aus blickdichten Kunststoffplatten (Kas- tenfallen, teilweise auf Flößen montiert, Abb. 4). Alle Fallen sind mit Fallenmel- dern (MinkPolice) ausgestattet. Dies ge- währleistet, dass die Fallen zeitnah kon- trolliert und die Tiere mit einer Kurzwaffe schnell und schmerzlos getötet werden können. Dazu wurde ein Berufsjäger an- gestellt. Das Aufstellen der Fallen wurde mit den Revierpächtern beziehungsweise -inhabern abgestimmt. Weil die Tiere mit einer Waffe getötet werden, wurde aus jagdrechtlichen Gründen von allen Re- vierpächtern eine unentgeltliche Jagder- laubnis erteilt. Die vertrauensvolle Zu- sammenarbeit mit der Jägerschaft vor Ort ist eine wichtige Grundlage für die erfolg- reiche Umsetzung der Maßnahme.
Derzeit wird mit bis zu 29 Fallen sieben Tage pro Woche gefangen. Seit Januar 2019 wurden bisher insgesamt 525 Nu- trias mit einem Gesamtgewicht von 1,9 Tonnen (Einzelgewicht 0,16 bis 8,93 kg) gefangen. Das Durchschnittsgewicht lag bei 3,6 Kilogramm. Da die Tiere pro Tag etwa ein Viertel ihres Körpergewichtes an Nahrung zu sich nehmen, entnimmt ein Tier dem Gebiet pro Jahr rund 330 Kilo- gramm Biomasse.
Mittlerweile ist das Kerngebiet nahezu frei von Nutrias. Die Monatssummen ge-
fangener Nutrias lagen im letzten Viertel- jahr unter zehn Tieren (Abb. 5). Regelmä- ßig werden nur noch aus der Umgebung einwandernde Tiere am Rand des Gebie- tes gefangen.
Zur Effizienzkontrolle des Nutriafangs werden innerhalb des Schutzgebietes jähr- lich revierübergreifende Streifjagden von etwa vier Stunden auf Nutria entlang des Altrheines durchgeführt. Die Streifjagd dient zudem – wie auch die systematische Auswertung von Fotofallen – dem Moni- toring und der Abschätzung der Popula- tionsgröße der Nutria. Vor Projektbeginn lag die Streckenhöhe bei 42 bis 50 Tieren. Nach zwei Projektjahren liegt sie nun bei null.
Die getöteten Tiere werden nicht ent- sorgt, sondern folgenden Verwertungen zugeführt:
❱ Futter für die Tiere eines benachbarten Tierparks,
❱ Verbleib im Gebiet als Nahrung für Aasfresser (Greife, Raubsäuger, Insek- ten etc.),
❱ nachhaltige Fellverwertung über das Projekt „Fellwechsel“,
❱ wissenschaftliche Untersuchungen.
Alternativen zum Töten der Nutria – wie zum Beispiel eine Sterilisation – wurden intensiv recherchiert und auf ihre Umsetz- barkeit geprüft. Sie waren jedoch allesamt nicht praktikabel, hatten keine Aussicht auf ausreichenden Erfolg und wären teils sogar eine größere Belastung für die Tiere gewesen.
Fraßgeschützte Initialpflanzungen
Im Rahmen des LIFE-Projektes ist ge- plant, auf insgesamt 1,5 Hektar Fläche Röhricht anzupflanzen und durch Zäune oder Gittermatten vor Fraß zu schützen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die bisher gepflanzten Arten und Stückzahlen. Das Artenspektrum konzentriert sich auf die Arten, die früher am Bienener Altrhein die Röhrichtgesellschaften geprägt haben und in den letzten Jahren stark zurückge- gangen sind. Einzige Ausnahme ist hier das Schilf, das sich über die Jahre deutlich ausgebreitet hat, jedoch fast ausschließ- lich in Form des landwüchsigen Schilfs. Dauerhaft im Wasser stehendes Schilf gibt es am Bienener Altrhein kaum. Um dieses zu etablieren, wurden einige Schilfpflan- zungen im Wasser geplant.
Umzäunungen helfen
Die Anpflanzungen innerhalb der Um- zäunungen haben sich überwiegend posi- tiv entwickelt (Tab. 2). Gepflanzt wurde in den Jahren 2018 bis 2020 im Spätsom- mer (August). 2020 wurde zusätzlich auch eine Pflanzung mit Schilf im Mai durch- geführt, da diese Art als Einzige keine po- sitive Entwicklung nach einer Spätsom- merpflanzung zeigte. 99 Prozent der Setz- linge überlebten die Wintermonate nicht. Die Pflanzung im Mai 2020 hat sich dage- gen sehr positiv entwickelt, die Pflanzen sind vital.
Neben dem Schutz vor Fraß haben die Umzäunungen noch eine weitere wichtige Funktion. Sie beruhigen die Strömung
Natur in NRW 1/2021
25
Fachbeiträge