Page 15 - Natur in NRW
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 Das zum Zeitpunkt der Unterschutzstel- lung extensiv bewirtschaftete Umfeld der Schutzgebiete ist weitgehend weggebro- chen und wird nun intensiv genutzt.
Handlungsbedarf
Aus der durchgeführten Effizienzkontrolle ergibt sich ein besonders hoher Hand- lungsbedarf bei folgenden Parametern:
Wasserhaushalt und Flächenerwerb: Der Bodenwasserhaushalt ist einer der be- deutendsten Erfolgsfaktoren für die An- siedlung von Wiesenvögeln und deren erfolgreiche Brut. Er sollte auf allen we- sentlichen Flächen der Schutzgebiete im günstigen Zustand sein. Da eine maßgeb- liche Verbesserung des Wasserhaushaltes nur auf Flächen möglich ist, die dauerhaft dem Naturschutz zur Verfügung stehen, besteht ein hoher Handlungsbedarf im verstärkten Erwerb der hierfür erforderli- chen Areale.
Bewirtschaftung und Vertragsnatur- schutz: Während die Bewirtschaftung auf öffentlichen Flächen und Vertragsflächen als gut eingestuft wird, besteht für an- dere Parzellen ein hoher Handlungsbedarf zur Etablierung einer wiesenvogelgerech- ten Bewirtschaftung. Ein größerer Anteil der Privatflächen wird auch rund 30 Jahre nach der Unterschutzstellung noch inten- siv landwirtschaftlich genutzt. Statt über die Naturschutzgebietsverordnungen die Form der Grünlandbewirtschaftung zu re- geln, wurde verstärkt auf das Angebot
des Vertragsnaturschutzes gesetzt. Dieser konnte aber nur in untergeordnetem Um- fang auf Privatflächen etabliert werden. Um weitere Flächen einer wiesenvogel- gerechten Bewirtschaftung zuzuführen, muss der Vertragsnaturschutz attraktiver gestaltet werden.
Prädationsmanagement: Erst in den letz- ten Jahren hat sich ein verstärkter Einfluss insbesondere von carnivoren Säugetie- ren auf die Reproduktion der Wiesenvö- gel ergeben. Ein Prädationsmanagement sollte dort durchgeführt werden, wo die Lebensraumverhältnisse strukturell ver- bessert wurden und eine Ursachenanalyse die Prädation als wesentlichen Faktor für eine unzureichende Reproduktion ergeben hat. Das Prädationsmanagement kann ge- eignete Maßnahmen zur Lebensraument- wicklung, eine direkte Prädatorenreduk- tion oder einen indirekten Ausschluss von Bodenprädatoren durch mobile Elektro- zäune beinhalten.
Fazit
Die Wiesenvogelschutzgebiete in NRW sind lediglich auf rund 50 Prozent der Flä- che in einem relativ guten Zustand. Die ne- gative Bestandsentwicklung bei den meis- ten Wiesenvogelarten lässt sich hiermit weitgehend erklären. Um diese negative Entwicklung aufzufangen und in einen po- sitiven Trend umzukehren, muss auf der gesamten Fläche eines Schutzgebietes eine wiesenvogelgerechte Bewirtschaftung so- wie in ausreichend großen Kernbereichen ein wiesenvogelgerechter Wasserhaushalt erreicht werden. Ergänzt werden muss dies durch die Schaffung offener Landschaften mit einem geringen Gehölzbestand sowie im Bedarfsfall um ein Prädationsmanage- ment. Darüber hinaus müssen im Umfeld der Schutzgebiete die vormals geforderten, mäßig intensiv genutzten Pufferzonen ein- gerichtet werden.
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ZUSAMMENFASSUNG
 Natur in NRW 1/2021
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Wiesenvögel stellen eine charakteristische Vogelgemeinschaft unserer Feuchtwiesen dar. Trotz des 1985 begonnenen Feucht- wiesenschutzprogrammes gehen die Be- stände der meisten Wiesenvogelarten mehr oder weniger stark zurück. In einer Effizienzkontrolle wurden 56 Prozent der für Vögel der Feuchtwiesen im Flachland von NRW eingerichteten Schutzgebiete auf ihren Zustand überprüft. Insgesamt weisen die Gebiete einen durchschnittli- chen Zustand auf, die für eine wiesenvo- gelgerechte Entwicklung der Gebiete er- forderlichen Maßnahmen wurden in kei- nem Gebiet vollständig umgesetzt. Es wird der Handlungsbedarf aufgezeigt, um die Schutzgebiete in einen wiesenvogel- gerechten Zustand zu bringen. Hierzu ge- hören vor allem die Entwicklung eines wiesenvogelgerechten Wasserhaushal- tes, die Etablierung einer wiesenvogel- gerechten Bewirtschaftung auf Privatflä- chen sowie ein Prädationsmanagement. Zur Zielerreichung sind unter anderem ein verstärkter Flächenerwerb sowie eine verbesserte Ausgestaltung des Vertragsna- turschutzes erforderlich.
AUTORIN UND AUTOREN
Birgit Beckers
AG Wiesenvogelschutz NRW Bad Sassendorf b.beckers@abu-naturschutz.de
Dietmar Ikemeyer
Biologische Station Zwillbrock Vreden dikemeyer@bszwillbrock.de
Peter Herkenrath
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucher- schutz (LANUV)
Vogelschutzwarte
Recklinghausen peter.herkenrath@lanuv.nrw.de
Robert Tüllinghoff
Biologische Station Kreis Steinfurt
Tecklenburg robert.tuellinghoff@biologische-station-steinfurt.de
 Fachbeiträge





























































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